Mein Sonnenschein Ewan

 

Nun nähert sich meine Zeit in Südafrika dem Ende und ich möchte euch endlich von meiner Arbeit im Kinderheim „Huis van Heerde“ berichten.

 

Am 07. September bin ich spät Abend mit dem Bus in Moorreesburg angekommen. Mr. Smit, der Leiter vom Kinderheim hat mich beim Ausstieg freundlich in Empfang genommen. Er ist ein sehr aufgeschlossener Mann und erzählt unheimlich gerne aus seinem Leben, was ich kurze Zeit später auch gleich feststellen konnte.

 

Wir fuhren gemeinsam in das nahe gelegene Café in Moorreesburg, wo mich bereits die anderen beiden Freiwilligen Debi und Sebastian herzlich willkommen hießen.

Mr. Smit unterhielt uns den ganzen Abend und zu späterer Stunde sind wir in das Kinderheim gefahren.

Debi und Sebastian haben mir gleich mein Zimmer für die kommenden 4 Monate gezeigt. Sie hatten sogar einen Kuchen für mich gebacken, worüber ich mich sehr gefreut habe. So saßen wir noch eine Weile zusammen und sie erzählten mir von ihren bisherigen Erfahrungen und Erlebnissen mit den Kindern.

 

Das Grundstück des Heims unterteilt sich in 5 Häusern und einem Haupthaus. In den Häusern 2-5 sind jeweils 10-14 Kinder im Alter von 1-16 Jahren untergebracht. Die einzelnen Häuser sind alle mit Küche, Wohnzimmer, Badezimmer und mehreren Kinderzimmern ausgestattet. Es gibt 3 Mädchen- und 2 Jungenhäuser. Wir sind im Haus 1, welches aus 2 Stockwerken besteht, untergebracht. Annike, eine Angestellte des Kinderheims hat eine Wohnung im Erdgeschoss und wir dürfen den 2. Stock vollständig nutzen. Hier befinden sich 2 kleine und 1 großes Zimmer, ein Gemeinschaftsbad mit Dusche, Badewanne, Toiletten, einer Vorratskammer und einer kleinen Küche. Trotzdem haben wir alles was wir benötigen, um dort ein ordentliches Gericht zu zubereiten.

Da der Flur und die Zimmer sehr lieblos gestaltet sind, haben wir bereits unsere Privatzimmer verschönert und die Wände mit Fotos von unseren Liebsten verziert. Außerdem haben wir dem Leiter vom Kinderheim einen Vorschlag unterbreitet, wie wir den Gang ein bisschen verschönern können. Da er mit unserer Idee einverstanden war, haben wir ein großes Gemeinschaftsfoto mit den Kindern ausgedruckt und an die Wand beim Esstisch platziert. Darüber haben wir alle unsere Namen und den Zeitraum unserer Freiwilligenarbeit im Huis van Heerde markiert. Ziel ist es, die kommenden Freiwilligen ebenfalls zu animieren diese Aktion fortzuführen, um irgendwann eine riesige Bilderlandschaft zu erschaffen.

 

Am Samstag habe ich mir den Ort ein bisschen näher angesehen. Moorreesburg ist kein besonders nennen- und sehenswertes Städtchen. Hier gibt es 4 Restaurants, 3 Supermärkte, 1 Videothek, 1 Fast-Food Imbiss mit versch. Fish & Chips-Angeboten, 1 Pub, mehrere kleine Bekleidungsläden und ein paar landwirtschaftliche Firmen. Nicht zu vergessen ein wirklich sehr guter Pizza-Imbiss, den wir erst vor Kurzen ausfindig gemacht haben, nachdem am Sonntag alle anderen Restaurants in Moorreesburg geschlossen hatten. Ich bereue es fast diesen Imbiss ausprobiert zu haben, denn hier habe ich die bisher beste Pizza in Südafrika gegessen.

An Freizeitaktivitäten ist hier kaum etwas geboten. Es sei denn, man möchte einen Bauernhof besuchen oder einen Traktor fahren. ;-) Wenn man an den Wochenenden kein Auto zur Verfügung hat, kommt schnell Langeweile auf.

 

Die Haupteinkommensquelle der Stadt ist der Getreideanbau. Es werden rund 140.000 Tonnen Weizen pro Jahr auf etwa 380 Farmen produziert. Somit könnt ihr euch vorstellen, wie es um die Gegend von Moorreesburg aussieht. Weite, endlos erscheinende Felder und viele Farmer mit Viehzucht. Als ich mich an meinem ersten Wochenende in Moorreesburg umgesehen habe, erschien es mir fast als sei ich im Landkreis Fürth gelandet. ;-)

Trotzdem ist die Lage nicht als schlecht zu beurteilen, da wir nur 1 Std. Fahrtzeit nach Kapstadt oder an die Westküste haben. „WENN“ man natürlich ein Auto zur Verfügung hat…

 

Am Montag hatte ich dann meinen ersten Arbeitstag. Ich sollte um 7 Uhr morgens in Haus 5 erscheinen. Mr. Smit hatte beschlossen mich bei den Jungs unterzubringen, da ich bereits 27 Jahre alt bin und er davon ausgeht, dass ich der Sache mehr gewachsen sei.

Die Jungenhäuser werden im Kinderheim als schwieriger beurteilt, als die Mädchenhäuser.

An der Türe hat mich Lee, der Kinderbetreuer des Hauses begrüßt. Die Erzieher werden in Südafrika „Tannie“ genannt. Lee ist neben 5 weiblichen Tannies, der einzige männliche Kinderbetreuer im Huis van Heerde. Für jedes Haus ist nur ein Erzieher eingeteilt, was bedeutet, dass dieser für 24 Stunden an 7 Tagen die Woche für 10-14 Kinder zuständig ist. Ich war im ersten Moment skeptisch, wie eine Person alleine dies bewältigen soll. Aber nach nur einem Tag im Kinderheim war mir bewusst, wie groß der Respekt der Kinder vor den Tannies ist und somit auch die meiste Zeit alle gehorsam ihre Aufgaben selbstständig erfüllen.

Ich war froh darüber, endlich einmal mit einem Mann zusammen zu arbeiten, nachdem ich bisher nur mit weiblichen Kollegen das Vergnügen hatte. Er stellte mir die Kinder vor, die gerade über ihrem Frühstück saßen. Ich hatte meine Not, mir all die Namen einzuprägen. Doch erstaunlicherweise konnte ich nach nur 3 Tagen alle Kinder namentlich nennen. Vermutlich lag es daran, weil ich sie oftmals laut rufen oder ermahnen musste!  ;-)

 

Die Kinder haben mir den Einstieg sehr einfach gemacht, da sie alle sehr freundlich sind und mir aufgeschlossen gegenüberstanden.

Tannie Lee erklärte mir in nur einer halben Stunde, was zu meinem künftigen Aufgabengebiet gehören sollte. Er führte mich in das Kinderzimmer der Kleinen, wo bereits alle in ihren Bettchen auf mich warteten.

 

Meine Aufgabe sollte sein, mich um die drei Kleinsten in unserem Haus zu kümmern. Dazu gehört: Windeln wechseln, Füttern, Baden und ihnen in manchen Situationen die fehlende Mutter zu ersetzen. Außerdem konnte ich überall dort mithelfen, wo Not am Mann war. Tannie Lee erwähnte nichts davon, ihnen die fehlende Mutter zu ersetzen. Im Gegenteil, er ratterte mir meine Aufgaben vor, als würde es sich um Gebrauchsgegenstände, anstatt Menschen handeln.

 

Bereits die 4 und 5-jährigen Kinder sollen überall mit anpacken und viele Dinge selbständig erledigen. So muss jedes Kind seine saubere Wäsche ordentlich in den Schrank einräumen, ihre Betten überziehen und den Abwasch ihres benutzten Geschirrs erledigen.

An meinem ersten Arbeitstag stellte ich fest, dass die Tannies oftmals überfordert und der Aufgabe als Kinderbetreuer nicht unbedingt gewachsen sind. Für viele scheint es erste Priorität zu sein, dass die übertragenen Aufgaben von den Kindern schnellstmöglich ausgeführt werden. Natürlich ist es wichtig die Kinder zur Selbständigkeit zu erziehen, aber in einem gewissen Maße sollen sie auch noch Kinder bleiben und ihre Freiheiten genießen.

 

Durch den strikten Tagesablauf und den vielen zu erfüllenden Aufgaben, bleibt den Kindern tagsüber nur wenig Zeit zum Spielen.

Jeder Tag verläuft ähnlich und selten gibt es Ausnahmen, wie Kinderfeste oder Projekte, in denen sie sich kreativ betätigen können.

Da nur ein Kinderbetreuer für jedes Haus zuständig ist, fehlt es zudem oft an der nötigen Aufmerksamkeit und Zuneigung für jedes einzelne Kind. Bedürfnisse, wie das zu Bett bringen durch eine liebevolle Mutter, das Vorlesen einer Abendgeschichte  oder das Trösten in schlechten Zeiten gehen im Kinderheim oftmals vollständig verloren.

Ich sehe das als großes Problem an. Würde man für jedes Haus mindestens zwei Tannies einstellen, könnte man besser auf die Bedürfnisse der einzelnen Kinder eingehen. Aber hier fehlt es an finanziellen Mitteln.

 

Einer der Kleinen ist 2,5 Jahre alt und ein sehr freundliches Kind. Wenn ich ihn anschaue, dann strahlt er mich mit seinen großen Kulleraugen über das ganze Gesicht an. Meist kann man ihm gar nicht böse sein, wenn er zuvor etwas angestellt hatte. Ganz besonders charmant ist er, wenn er mir meine Haare bürstet. Da sucht er sich meist im Garten ein kleines Holzstück als Kammersatz und fährt mir damit zärtlich über die Haare. Zwischendurch beugt er sich immer wieder zu mir vor und vergewissert sich mit einem breiten Grinsen im Gesicht, ob es mir noch gefällt. Ich könnte ihn jedes Mal umarmen, wenn er das tut. Manchmal frage ich mich wie ein Kind, welches so wenig Zuneigung erhält, so viel Liebe zurückgeben kann.

 

Ewan ist 1 Jahr alt. Als ich ihn zum ersten Mal sah, hatte ich mich sofort in ihn verliebt. Da er für sein Alter sehr zart und klein ist, hat man das besondere Bedürfnis ihn zu beschützen und ihm große Aufmerksamkeit zu schenken. Außerdem ist er genau wie der 2,5 - jährige Junge ein sehr fröhliches Kind.

Bei beiden habe ich das Gefühl, es mit relativ unbeschwerten Kindern zu tun haben. Sie machen einen glücklichen und zufriedenen Eindruck. Der Grund dafür könnte jedoch auch darin liegen, weil sie beide noch sehr klein sind und ihre Sorgen oder ihren Kummer nicht in Worten ausdrücken können.

 

Ein anderes Kind, welches auch zu den Kleinsten aus unserem Hause zählt ist 3,5 Jahre alt. Er ist eines der 4 weißen Kinder im Heim und zwei von ihnen sind seine Geschwister. Sein Bruder ist ebenfalls bei uns im Haus untergebracht und er ist 7 Jahre alt.

Beide Kinder zeigen auffällige Verhaltensweisen. Tannie Lee erzählte mir, dass die Geschwister von Parasitten befallen waren, als sie im Kinderheim aufgenommen wurden. Der 7 jährige Bruder ist ein sehr in sich gekehrtes Kind. Er spricht kaum ein Wort Englisch und manchmal verkriecht er sich in eine Ecke und bleibt dort eine Weile stumm sitzen. Vermutlich stammen die drei Kinder aus schwierigen, familiären Verhältnissen. Er kann noch nicht einmal seinen Namen schreiben. Tannie Lee bat mich vor Kurzen ihm und einem anderen Jungen beizubringen, ihren Namen in Druckbuchstaben zu schreiben. Zunächst hatte ich mich rückversichert, ob ich ihn richtig verstanden habe, da die Kinder bereits 7 und 11 Jahre alt sind. Tatsächlich können beide Kinder weder lesen, noch schreiben. Somit gab ich ihnen in großen Druckbuchstaben ihre Namen auf einem Blatt Papier vor und bat sie diese nachzuschreiben. Bei beiden ließ die Aufmerksamkeit nach allen 5 Sekunden nach und ihre Begeisterung widmete sich den anderen spielenden Kindern, die sich ebenfalls im Raum aufhielten. Einer malte seinen Namen, da ihm gar nicht bewusst war, wie man einen Buchstaben zu schreiben beginnt.

Ich fragte Tannie Lee, warum beide Kinder trotz Schulbesuch nicht in der Lage seien zu schreiben und zu lesen. Er erklärte mir, dass beide in einer Art Sonderschule untergebracht seien und große Lernschwächen hätten.

 

Ich gehe eher davon aus, dass man sie schon längst aufgegeben hat. Selbst in einer Sonderschule sollte es möglich sein, den Kindern etwas beizubringen.  

Der 3,5 jährige Junge muss noch gewickelt werden.  Hier mangelt es auch an der nötigen Zeit ihm beizubringen, sich auf sein Töpfchen zu setzen.

 

Die weißen Kinder werden in Moorreesburg in einem anderen Kindergarten untergebracht, als die coloured Kinder. Hier deutet noch immer alles auf die Apartheid (=Getrenntheit) hin.

Während sich der „bessere“ Kindergarten eher im gehobenen Viertel von Moorreesburg befindet, so ist der Kindergarten der Coloured im Township platziert. Die Townships findet man übrigens in jedem noch so kleinen Städtchen in Südafrika. Sie befinden sich meist am Stadtrand, um das Gesamtbild der jeweiligen Stadt nicht zu schädigen. In den Townships herrscht noch immer eine hohe Arbeitslosenquote, da viele Menschen durch die Perspektivlosigkeit im Drogen-oder Alkoholrausch enden. Hinzu kommt noch die hohe Prozentzahl der HIV-Infizierten in den Townships, welches sich nicht zu bessern scheint und ein immer größer werdendes Ausmaß annimmt.

 

Im weißen Kindergarten nehmen sie nur trockene Kinder auf und somit muss AJ jeden Tag zu Hause bleiben, obwohl er sich schon längst im Kindergartenalter befindet.

Bei dem 3,5 Jährigen spürt man deutlich, dass ihm die nötige Zuneigung fehlt, da er nach Aufmerksamkeit lechzt. Beim Wickeln verschränkt er die Arme hinter seinem Kopf und genießt es, dass ich mich voll und ganz um ihn kümmere. Danach beschenkt er mich immer mit vielen Küsschen auf die Wange. Ich kann gut erkennen, dass er in mir einen Mutterersatz sucht. Tannie Lee schenkt den Kindern wenig Aufmerksamkeit. Wobei man auch dazu sagen muss, dass er kaum die Zeit hat, sich intensiv mit jedem einzelnen Kind zu beschäftigen. Wir Freiwilligen stehen den Erziehungsmethoden der Tannies kritisch gegenüber. Man kann deutlich erkennen, dass es allen Tannies an einer guten Ausbildung zum Erzieher fehlt. In Südafrika beläuft sich diese Ausbildung auf gerade einmal sechs Wochen. Verständlich, dass man in so kurzer Zeit keine Ahnung von einer vernünftigen Kindererziehung gewinnen kann. Zudem reden wir hier noch immer von einer „anderen“ Kultur. Nach drei Monaten in Südafrika kann ich wirklich behaupten, dass hier die Uhren noch anders ticken.

 

Nach der kurzen Einarbeitungsphase von Tannie Lee mussten wir die Kleinkinder mit dem Buggy in den Kindergarten fahren.

Diese Fahrt stellt für uns Volontäre jeden Tag eine große Herausforderung dar. Es müssen 13 Kinder auf der Ladefläche des Buggy einen Platz finden. Das Geschrei ist jeden Morgen groß, da die Kinder sich schlagen oder um ihre Plätze kämpfen. Zwischendurch packt einer der Kinder seinen Joghurt aus und verschmiert diesen im ganzen Auto und auf allen Kindern. Wir haben die Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Kinder alle auf der Ladefläche still sitzen bleiben. Da es den Kindern aber an der notwendigen Ernsthaftigkeit mit uns Volontären mangelt, stellen sie unsere Nerven täglich hart auf die Probe.

Manchmal schreien die Kinder so laut, dass wir unser eigenes Wort nicht mehr verstehen. Wir haben kaum eine Chance, sie zu bändigen.

 

Somit grübelten wir täglich an einer Lösung unseres Problems, nämlich wie es uns gelingen könnte, ihnen den notwendigen Respekt vor uns Volontären zu verschaffen. Und dann, nach 7 Wochen im Kinderheim, hat Sebastian den ultimativen Vorschlag unterbreitet, die unartigen Kinder von nun an laufen zu lassen. Es soll natürlich nur dazu dienen, ihnen ein bisschen Angst einzujagen. Sie müssen den Buggy verlassen und wir stellen sie auf die Straße, um anzudeuten, dass sie den Weg von nun an zu Fuß gehen müssen. Das mag jetzt wirklich hart klingen, aber es ist die einzige Möglichkeit, die bei den Kindern fruchtet.

 

Vor ein paar Tagen haben wir unsere erste Testfahrt gemacht! :-D Ehrlich gesagt, konnten wir es kaum abwarten die Gesichter der Kinder zu sehen, wenn wir unsere Drohung ernst werden ließen.

Das weiße Mädchen hatte es mal wieder herausgefordert und somit haben wir sie viermal ermahnt sitzen zu bleiben, bis wir uns dazu entschlossen haben, sie laufen zu lassen! Ich klopfte bei Sebastian, der den Buggy fuhr an die Scheibe. Er hielt an und öffnete die Hintertüre des Buggy. Natürlich hatten wir unser Vorgehen vorher gut abgesprochen. ;-)  Das Mädchen hatte anfangs vermutet, dass wir nur Spaß mit ihr machen würden. Doch als sie plötzlich auf der Straße stand und ihr die Sache doch ernsthafter erschien, fing sie lauthals an zu schreien.

Wir Freiwilligen mussten uns wirklich beherrschen, bei der Sache noch unsere Ernsthaftigkeit zu bewahren. Die anderen Kinder sahen entsetzt und mit offenem Mund zu ihr, die sich vor Schreck gar nicht mehr einzukriegen schien. Wir holten sie in den Wagen zurück und erklärten ihr, warum wir das gemacht haben. Keines der Kinder ist auf dem restlichen Nachhauseweg mehr aufgestanden!! *g*

 

Natürlich mussten wir diese Methode bereits ein zweites und drittes Mal anwenden, da es für manche Kinder noch immer nicht glaubhaft genug erschien. Aber dennoch ist die Fahrt mit dem Buggy schon viel besser geworden.

Trotz der stressigen Hin-und Rückfahrten zum Kindergarten, erleben wir auch immer wieder Dinge, in denen wir herzhaft lachen müssen. So ist Debi vor ein paar Wochen in den Buggy eingestiegen und stellte nach kurzer Zeit fest, dass sie auf dem Kindergartengelände in Hundekot gestiegen ist. Sie wunderte sich, warum es plötzlich so feucht unter ihrem Bein wurde. Als sie nachsehen wollte, hatte sie bereits die Hände voller Hundekot!! Sie schrie laut: „Ihhhh, ich habe Scheiße an den Händen und ich sitze in Scheiße!!“ Die Situation war einfach zu komisch. Wir sitzen im Buggy mit 13 Kindern, die alle wild durcheinander brüllen und Debi sitzt in der Hundekacke. Wir haben uns vor Lachen gar nicht mehr eingekriegt. Sogar heute amüsieren wir uns noch immer über diese Geschichte. :--)

 

Wenn wir die Kinder morgens um 7.45 Uhr in den Kindergarten bringen, habe ich bereits die drei Kleinsten gewickelt, angekleidet und das Baby gefüttert.

Sobald wir die Kinder weggebracht haben, heißt es für uns erst einmal entspannen, da wir von 8 bis 11.30 Uhr keinen Dienst haben. In dieser Zeit bereiten wir uns zunächst ein Frühstück vor und essen gemeinsam.

 

Die Zeit danach teilt jeder von uns anders ein. Manche surfen im Internet, treiben ein bisschen Sport oder gehen duschen.

 

Um 11.30 Uhr holen wir bereits die Kleinsten wieder vom Kindergarten ab. Und wieder beginnt unsere lustige Fahrt mit dem Buggy…wir sind heilfroh, dass es nur 10-15 Minuten Fahrtzeit sind.

 

Bis 13 Uhr dürfen die Kinder dann im Garten spielen oder sind in einem der vier Häuser untergebracht. Je nachdem welche Tannie zu dieser Zeit Dienst hat, ist es deren Aufgabe, sich mit den Kindern zu beschäftigen. Leider werden sie hier oftmals nur vor den Fernseher gesetzt, damit die Tannies ihre Ruhe haben.

 

Anschließend beginnt im Kinderheim die Essenzeit. Wir Freiwilligen holen das Essen für unsere jeweiligen Häuser aus der großen Küche im Haupthaus ab.

In dieser Küche werden jeden Tag die Mahlzeiten für alle 56 Kinder im Heim zubereitet. Für jedes Haus gibt es dann meist zwei große Schüsseln. Beim Essen mangelt es sehr an der täglichen Abwechslung und an ausgewogenen, gesunden Mahlzeiten. Meist gibt es Kohlenhydrate, um die Kinder lange zu sättigen. Täglich findet man Reis und Kartoffeln auf dem Speiseplan, dazu ein Fleischeintopf mit Knochen. Salat findet man selten bis gar nicht auf den Tellern. Da das Kinderheim auf Nahrungsspenden von Farmern in der Umgebung angewiesen ist, wird es oftmals schwierig abwechslungsreich für die Kinder zu kochen. Die letzten Wochen konnten wir deutlich erkennen, dass es überall an Nahrungsmitteln fehlte, da die Gerichte täglich ähnlich ausfielen.

Unsere Aufgabe ist es nun, das Essen gleichmäßig auf 12 Tellern zu verteilen. Auch hier ist das Geschrei meist groß, da keiner der Jungs genug kriegen kann. Da die Südafrikaner ein sehr gläubiges Volk sind, wird vor jedem Essen und auf jeder Feierlichkeit ein Gebet eingelegt. Wir konnten sogar schon des Öfteren beobachten, wie sich junge Leute im Restaurant vor dem Essen an den Händen hielten und gemeinsam beteten.

 

Bevor im Kinderheim nicht gebetet wurde, rührt tatsächlich keiner das Essen an. Einer der Jungs spricht immer ein Gebet vor und erst nach dem „Amen“ dürfen alle mit dem Essen beginnen.

Tannie Lee lässt mich des Öfteren ein Gebet vortragen. Anfangs war ich über diese Aufgabe nicht besonders erfreut, da es lange her ist, wo ich zuletzt vor dem Essen gebetet hatte.

Aber glücklicherweise fielen mir sofort ein paar schöne Sätze ein, die ich in mein Gebet miteinbringen konnte. Seitdem mögen es die Kinder sehr, wenn ich für sie bete, da sie die deutsche Sprache auch unheimlich gerne haben.

 

Ein 12-jähriger Junge aus meinem Haus ist ein sehr talentiertes Bürschchen. Im ganzen Heim findet man eingerahmte Bilder an den Wänden, die von ihm gemalt wurden. Außerdem ist er der beste 12-jährige Tänzer, den ich jemals gesehen habe. Sein großer Wunsch ist es, dass ich ihm Deutsch beibringe. So kommt er jeden Tag zu mir und fragt mich nach deutschen Sätzen. Da er wirklich intelligent ist, konnte er sich bereits einiges davon einprägen. So begrüßt er mich jeden Morgen mit: „Morning Nadine, ich habe gut geschlafen!“ ;-)

Ich sollte vielleicht noch anbringen, dass er der einzige Wassermann bei uns im Hause ist. Daher vermutlich seine überaus guten künstlerischen und tänzerischen Fähigkeiten!! *g*

 

Nach dem Essen ist es die Aufgabe der Kinder den gesamten Abwasch zu erledigen. Meistens übernehme ich diesen Dienst, um den Kindern mehr Freizeit einzuräumen. Tannie Lee ist von dieser Tatsache nicht besonders angetan, da er es als nötig empfindet, wenn mir eines der Kinder dabei hilft.  Ich versichere ihm immer wieder, dass es mir keine Umstände bereitet und ich lieber mithelfe, bevor ich rumsitze.

 

Ich muss auch betonen, dass mich Tannie Lee mit Respekt behandelt. Das ist hier nicht unbedingt als selbstverständlich anzusehen, da die Arbeit der Volontäre oftmals nicht geschätzt wird. Er bedankt sich mehrmals täglich für meinen Einsatz.

 

Nach dem Abwasch bringe ich meine drei Kleinsten für den bevorstehenden Mittagsschlaf in ihre Bettchen. Meist bereite ich ihnen noch ein Wasserfläschchen vor, da die Kinder oft sehr durstig sind. Wir können immer wieder beobachten, wie  manche Kinder aus den Gartenschläuchen die letzten Tropfen Wasser gierig rausschlurfen. Wir haben relativ schnell realisiert, warum die Kinder oft nach Wasser betteln. Tatsächlich wird es ihnen, aufgrund der Tatsache dann öfter gewickelt werden zu müssen, stark reduziert.   

 

Es muss überall an Zeit gespart werden. Momentan sorge ich mich um das regelmäßige Wickeln der Kleinsten. Aber wenn keine Volontäre zur Verfügung stehen, muss das Tannie Lee neben der Versorgung von 9 anderen Kindern alleine übernehmen.

In manchen Situationen kann ich die Wutausbrüche von ihm natürlich auch verstehen. Es ist einfach eine unglaubliche Aufgabe, 12 Kinder jeden Alters rund um die Uhr alleine zu versorgen. Da ist es verständlich, wenn die Nerven einmal blank liegen. Trotzdem sollten die Kinder nicht die Leidtragenden einer überlasteten Person werden.

 

Sobald die Kinder ausgeschlafen haben, albere ich meist ein bisschen mit ihnen herum. Sie genießen es sichtlich, da ich ihnen die fehlende weibliche Tannie ersetze und für gelegentliche Kuscheleinheiten sorge.

 

Tannie Lee beschäftigt sich in dieser Zeit mit den Schulkindern und macht mit ihnen die Hausaufgaben. Wobei auch diese Aufgabe nicht besonders ernst genommen wird, da die meisten Kinder nur in ihren Heften rum malen und nach 10 Minuten bereits einer anderen Beschäftigung nachgehen.

 

Vor Kurzem haben wir zwei neue Kinder in unser Haus bekommen. Es sind Geschwister im Alter von 2 und 3 Jahren. Sie waren völlig verstört, als sie in unserem Haus ankamen. Nach kurzer Zeit fingen beide an zu weinen und wir haben versucht sie zu beruhigen und etwas abzulenken. Die Kinder taten mir unendlich leid, vor allem als ich mir vorstellte, wie schmerzhaft es für sie sein muss, plötzlich alleine und ohne Eltern zu sein.

 

Das andere Problem, welches sich allerdings durch unseren Zuwachs stellte, war die Mehrarbeit im Haus. Da der Kleine ebenfalls noch nicht sauber ist, haben wir nun 4 wickelbedürfte Kinder im Haus. Zwei davon müssen außerdem noch gefüttert werden.

Nach dem gestrigen Tag muss ich wirklich sagen, dass diese Arbeit kaum noch zu bewältigen ist. Leider ist die  Kinderheimleitung vermutlich anderer Überzeugung, da sie immer noch mehr Kinder im Heim aufnehmen.

 

Sie haben einfach keinen Plan davon, was die Tannies hier täglich leisten müssen. Ich würde mir wünschen, dass die Leiterin der Tannies einen Tag mit 13 Kindern, davon 4 wickelbedürftigen Kindern und 4 Kindergartenkindern verbringen muss. Damit sie endlich einen Einblick von der Arbeit ihrer Angestellten erhält.

Ich wäre mir sicher, dass ihre künftige Entscheidung, weitere Kinder im Heim aufzunehmen negativ ausfallen würde.

 

Nach den Hausaufgaben holen die Kids ihre gewaschene Kleidung aus der Wäscherei ab, die sich ebenfalls im Haupthaus befindet. Meistens helfe ich den Kindern beim Verteilen ihrer Kleidungen, was sich oftmals als schwierig herausstellt. Da die ganze Wäsche der Jungs zusammen gewaschen wird, muss später wieder alles sortiert werden.

Somit ziehe ich meist ein Kleidungsstück aus dem Korb und je nach dem, wem es gehört, der holt es sich bei mir ab. Manche Kleidungsstücke sind auf dem Etikett mit dem Namen des Kindes markiert, was eine wirkliche Erleichterung der Arbeit darstellt. Gerade bei den Kleinen muss ich oftmals überlegen, wem was gehört.

 

Um die Kinder aus ihrem doch sehr strikten Alltagstrott zu befreien, haben wir Freiwilligen einige Projekte in die Wege geleitet. So haben wir zum Beispiel mit ihnen Fliegen aus Toilettenpapierrollen gebastelt und bemalt. Außerdem haben wir verschiedene Projekte in der Großküche mit ihnen veranstaltet, wie Apfelkuchen, Muffins und Pizza gebacken.

Sie haben sich jedes Mal riesig gefreut, da sich selten jemand intensiv mit ihnen beschäftigt. Dazu mangelt es hier an der nötigen Zeit und an Personal.

 

Die schönste Zeit beginnt für mich gegen Abend. Hier ist es zunächst wieder meine Aufgabe die Kleinen zu Baden und für das Bett fertig zu machen.

 

Kurz vor dem Abendessen versammeln sich alle Kinder im Wohnzimmer und Tannie Lee legt Soul- oder Michael Jackson Musik auf. Mir stehen jedes Mal die Tränen in den Augen, wenn die Kinder ausgelassen zu der Musik tanzen und sich freuen. Sogar die Kleinsten geben ihr Bestes dazu und für Lee und mich wird es dann besonders köstlich ihnen zuzusehen.

 

Die großen Kinder sind begeisterte Michael Jackson Fans und sie eifern ihrem Idol grandios nach. Im Kinderheim gibt es sogar eine Tanzgruppe, die sich Jackson 6 nennt. Sie meistern ihre Auftritte mit Bravour und wir Freiwilligen sind jedes Mal begeistert wie toll sie das machen.  

 

Besondere Momente sind es für mich, wenn die Kinder zeigen, dass sie Vertrauen zu mir gefasst haben. Die Kleinen kommen abends zum Kuscheln zu mir. Die großen Kinder erzählen dann viel über ihre Familien und welche Ängste und Träume sie haben. Die Erfahrungen, die diese Kinder schon in ihrem Leben gemacht haben sind unglaublich und gehen in den meisten Fällen über mein Vorstellungsvermögen hinaus. Trotzdem wirken die Kinder nach außen hin sehr stark und bei vielen kann man erst nach längerer Beobachtungsdauer erahnen, was sie schon erlebt haben.

 

Ende November hatte ich wieder zwei Wochen Urlaub und habe zum zweiten Mal mit Stefan  die Garden Route bereist.

 

Davor hat sich im Kinderheim leider noch ein eher unschönes Ereignis abgespielt. Wir brachten, wie jeden Morgen die Kinder mit dem Buggy zum Kindergarten. Auf der Hinfahrt haben die Kinder, wie so oft verrückt gespielt und wir haben von unserer Aussteig- und zu-Fußgehtaktik Gebrauch gemacht. Dieses Mal hielten wir allerdings im gehobenen Weißenviertel und eine Dame beobachtete uns dabei und drohte Sebastian, dies nun dem Kinderheim zu melden.

 

Natürlich war uns sofort bewusst, dass wir nach der Rückkehr direkt bei der Kinderheimleitung antreten müssen.

 

Und genauso war es auch. Man sprach uns direkt auf den Vorfall an und fragte nach, warum wir dies getan hätten. Wir versuchten den Angestellten des Kinderheims klar zu machen, dass es für uns zu gefährlich ist mit 13 Kindern, die nicht auf uns hören, in einem Buggy zu fahren, worin kein einziges Kind einen Gurt angelegt bekommt. Außerdem wollten wir ihnen bewusst machen, dass es unsere Schuld ist, wenn im Falle einer Notbremsung ein Kind durch die Scheibe geschleudert wird.

 

Leider stießen unsere Erklärungen eher auf taube Ohren. Zuerst wurde uns unterstellt, dass wir die Kinder traumatisieren würden. Unter Traumatisieren würden wir allerdings eher die Erziehungsmethoden der Tannies einordnen. Denn wir haben die Kinder weder geschlagen, noch haben wir sie angebrüllt. Und wir sind uns sicher, dass keiner der Kinder einen bleibenden Schaden von unserer Aktion davon tragen wird.

 

Die angespannte Situation im Heim hat sich glücklicherweise wieder schnell beruhigt und vermutlich haben die Erklärungspunkte unsererseits doch Früchte getragen.

 

Denn von nun an wurden wir täglich mit dem Minibus zum Kindergarten gefahren. Da keiner von uns Freiwilligen dazu berechtigt ist den Minibus zu fahren, musste dies immer von einem Angestellten des Heims übernommen werden. Die Kinder haben zwar noch immer keinen Gurt, aber zumindest einen festen Sitzplatz. Außerdem liegt es nicht mehr in unserer Verantwortung, die Kinder heil in den Kindergarten zu bringen. Seitdem verlaufen die Fahrten weitaus entspannter, da jedes Kind seinen eigenen Sitzplatz hat.

 

Der Abschied in den Urlaub fiel mir schwer, da ich mich von meinem kleinen Ewan verabschieden musste. Er ist mir zwischenzeitlich am meisten ans Herz gewachsen und über die ganze Zeit in Südafrika hang er wie ein Äffchen an meinem Arm. Wenn ich ihn tagsüber in sein Bettchen brachte, dann fing er sofort an zu weinen, als ich das Zimmer verließ. Ich habe ihn so sehr verwöhnt, dass er sogar seine Gehversuche über den Haufen geworfen hatte, nachdem er wusste ich würde ihn ständig am Arm herumtragen! ;-)

 

Ich habe ihn so sehr ins Herz geschlossen, dass er beinahe zum Mittelpunkt für mich wurde. Der erste Gang am Morgen war zu meinem kleinen, süßen Ewan, wo er schon Freude strahlend darauf wartete, von mir aus dem Bettchen genommen zu werden.

 

Also ich vom Urlaub zurückgekehrt bin, hatte sich in meinem Haus einiges zum Positiven gewendet. Vermutlich war Tannie Lee mit dem von nun an überfüllten Haus und den vielen wickelbedürftigen Kindern alleine und ohne Hilfe doch überfordert. Somit hatte er sich bei der Heimleitung beschwert und urplötzlich wurde die Putzfrau zur Tannie umfunktioniert. Könnt ihr euch nun vorstellen, warum ich schreibe, dass in Südafrika die Uhren noch anders ticken.

 

Ich war erstaunt, als ich am Morgen die Putzfrau in unserem Haus antraf und sie die Kleinen für den Kindergarten fertig gemacht hat. Trotzdem fand ich die Lösung, unabhängig davon, dass es sich um die Putzfrau handelte, sehr gut.

 

Den von nun an, kümmert sich eine Frau um die Kleinsten und Tannie Lee kann sich mehr um die größeren Kinder annehmen. In meiner ersten Woche nach meiner Rückkehr konnte ich gleich eine positive Veränderung erkennen. Tannie Lee war weitaus entspannter und er brüllte die Kinder auch seltener an.

 

Ich habe mich sehr über diese Entwicklung in unserem Haus gefreut, da ich auch wusste, dass meine Zeit im Heim begrenzt ist. Sie kümmert sich bisher liebevoll um die Kinder und beim zu Bett bringen gibt sie ihnen sogar ein Küsschen. Die weibliche Rolle fehlt in unserem Haus ganz besonders stark und nun bin ich erleichtert, dass sie doch noch zum Einsatz kommt.

 

Letzte Woche waren wir mit allen Kindern in einer Shopping Mall in Vredenburg. Die Kinder wurden mit einem großen, alten Bus abgeholt. Natürlich ist die Freude bei den Kindern immer riesig, da sie selten aus dem Kinderheim heraus kommen und Neues erleben.

 

In der Shopping Mall war vieles für die Kinder geboten. Zuerst sind unsere Kleinsten auf der großen Bühne aufgetreten und haben gesungen, anschließend waren unsere zwei Tanzgruppen an der Reihe. Die Menschen im Einkaufszentrum waren begeistert über die großartigen Talente aus unserem Heim. Die Tannies haben selbstgemachte Artikel, wie Badesalz und Törtchen verkauft, um die Kasse des Heims etwas aufzubessern. Die Kinder waren alle aufgeregt und man hat ihnen deutlich angemerkt, Dinge wie ein großes Einkaufszentrum selten erkunden zu dürfen. Ständig sind sie auf die modernen Toiletten gerannt, um sich die Hände am exklusiven Waschbecken zu reinigen oder den vollautomatischen Trockner in Gebrauch zu nehmen.

 

Nach den Auftritten wurden alle Kinder und Mitarbeiter des Heims in einem Restaurant verköstigt. Dies war für sie ebenfalls ein großes Highlight, nachdem ein Kindermenü mit kleinen Burger, Chips und Würstchen serviert wurde. Außerdem haben alle Luftballons und Eiscreme mit Smarties bekommen.

Glücklicherweise ist der Inhaber des Restaurants ein Bekannter von Mr. Smit und er sponserte die gesamte Verpflegung für das Kinderheim.

 

Auf der Heimfahrt waren die Kinder alle erschöpft und müde. Ab und zu hörte man noch ein paar Luftballons knallen, dann jedoch wurde es still im Bus und die meisten Kinder schliefen ein. Ewan setzte noch einmal einen Stinker in die Windel und unkompliziert wie die Südafrikaner in dieser Hinsicht sind, wurde er auf der Sitzbank im Bus gewickelt und die volle Windel wurde aus dem Fenster geworfen. Hier muss man sich wiederum auch nicht wundern, wie die Müllberge in den Townships zustande kommen.

 

Die letzten Wochen wurde die Obstversorgung im Kinderheim sehr rar und wir erkundigten uns bei der zuständigen Person woran das lag. Sie teilte uns mit, dass es zwar Farmen gibt, die Obst spenden würden, aber bisher noch keiner Gelegenheit dazu hatte, sie zu holen. So haben wir Freiwilligen angeboten, den Fahrdienst zu übernehmen. Wir machten uns mit dem Buggy auf nach Riebeek zu einer großen Farm. Dort fand gerade die Erntezeit für Pfirsiche statt und wir freuten uns bereits auf die gespendete Ware.

Als wir jedoch den Besitzer der Farm um das Obst baten, war dieser über keine Spende informiert. Und wieder einmal stellten wir fest, dass man in Südafrika keine deutsche Genauigkeit und Zuverlässigkeit erwarten kann. Glücklicherweise war er ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Mensch und somit gab er uns mehrere Kisten Pfirsiche von 1a Qualität mit. Wir waren glücklich über die tolle Ausbeute und freuten uns darauf die Früchte an die Kinder zu verteilen.

 

Die letzten Tage wurde es heiß in Südafrika und die Kinder durften den Pool unter unserer Aufsicht benutzen. Leider können die meisten der Tannies ebenfalls nicht schwimmen und somit ist es natürlich schwierig es den Kindern beizubringen.

Trotzdem haben sie beim Herumplantschen, wie bei fast jeden Kind, große Freude. Und welches Kinderheim hat schon einen nagelneuen, gesponserten Pool vor der Türe? :--)

 

Letzte Woche, am 1. Advent haben wir mit den Kindern Plätzchen ausgestochen und verziert, dazu deutsche Weihnachtslieder angehört. Am Abend haben wir den Kindern bei gemütlichem Beisammensein die bisher geschossenen Fotos von ihnen gezeigt und dabei unsere gebackenen Plätzchen vernascht. Es war sehr berührend für uns Freiwilligen, noch einmal die erlebten Dinge mit den Kindern Revue passieren zu lassen. Die Kinder haben sich über die Bilder köstlich amüsiert. Ein älteres Mädchen aus dem Kinderheim hat zum Ende noch eine kleine Ansprache für uns gehalten und sich dafür bedankt, dass wir den ganzen, weiten Weg auf uns genommen haben, um für sie da zu sein.

 

Am Dienstag war dann der letzte gemeinsame Abend, an dem noch alle Kinder im Heim anwesend waren, nachdem die nächsten Tage schon die ersten zu ihren Familienangehörigen heimgebracht wurden. Ein Fast-Food-Imbiss im Ort hat für alle Kinder Hamburger und Chips gesponsert und so versammelten wir uns alle im Haupthaus, um einen letzten gemeinsamen Abend zu verbringen. Leider wurde dieser auch durch unschöne Momente getrübt. So standen auf dem Tisch sechs Kerzen bereit, welche für die kürzlich verstorbenen Familienangehörigen der Kinder galten. Zwei Mädchen haben ihre Mütter verloren und andere ihren Vater oder Onkel. Die betroffenen Kinder durften für ihre Verstorbenen eine Kerze anzünden. In diesem Moment lief es mir wirklich eiskalt den Rücken hinunter. Diese Kinder sind gerade einmal 14-16 Jahre alt und müssen sich von ihren nahen Angehörigen verabschieden. Sie wissen genau, dass ihnen dieses Jahr keiner ein Zuhause bieten kann und sie die Ferienzeit im Kinderheim verbringen müssen.

 

Am Mittwoch durfte ich meinen kleinen, geliebten Ewan zu seiner Großmutter nach St. Helena Bay begleiten. Dies war für mich natürlich eine besondere Ehre. Die ganze Fahrt im Bus hatte ich ihn wieder auf meinem Schoß sitzen und ich wollte es gar nicht wahr haben ihn für immer abzugehen. Ich hatte mich so sehr an diesen kleinen Zwerg gewöhnt. Die Großmutter kommt ebenfalls aus den Townships in St. Helenas Bay und das Haus, in dem sie lebt ist relativ groß. Aufgrund der vielen Wäsche auf der Leine, konnte ich erahnen wie viele Kinder dort noch lebten. Soweit ich weiß, ist Ewan das siebte geborene Kind in der Familie. Die Mutter scheint sich leider nicht um die Kinder kümmern zu können und somit übernimmt die Großmutter diese Rolle. Mr. Lee zeigte mir den großen Bruder von Ewan und somit konnte ich mir gut vorstellen, wie er in ein paar Jahren aussehen wird.

Ich war sehr traurig, als ich ihn in die Arme seiner Großmutter geben musste. Mit ihm wurde mir doch ein Stück genommen.

 

Die Heimfahrt fiel demnach relativ traurig aus und ich musste viel über die schöne Zeit mit den Kindern nachdenken.

 

Obwohl wir mit den Erziehungsmethoden der Tannies oftmals nicht einverstanden waren und es noch an vielen Stellen Verbesserungsvorschläge gibt, so sind wir trotzdem froh darüber, dass die Kinder ein Dach über dem Kopf haben und ihre Grundbedürfnisse abgedeckt sind. Viele Kinder wurden durch Sozialarbeiter von der Straße geholt und im Kinderheim abgegeben. Somit sind ist das Kinderheim oftmals ihre letzte Rettung.

Wir haben wir im Kinderheim in Südafrika sehr viel an persönlichen Erfahrungen für uns gewonnen.

Oftmals haben wir Freiwilligen versucht Kleinigkeiten zu verändern, aber ohne großen Erfolg.

Man muss sich leider damit abfinden, hier wenig verändern zu können. Die Hilfe, die oft angeboten wird, um Dinge grundlegend zu verbessern, wird von den Tannies nicht angenommen.

Trotzdem haben wir den Kindern eine tolle Zeit bereitet und ihnen hoffentlich deutlich gemacht, etwas ganz Besonderes zu sein.

Ich hätte wirklich nicht für möglich gehalten, dass ich hier mit so wundervollen Kindern zusammenarbeiten darf. Jedes Kind ist auf seine Weise einzigartig!

 

Meine letzte Woche verbringe ich nun noch mit Sebastian im Kinderheim. Wir werden den Kindern, die über die Weihnachtsferien nicht zu ihren Angehörigen heim können, noch eine schöne Zeit hier bereiten.

 

Wir planen für nächste Woche noch ein paar Wasserspiele und Schokoladenessen für sie ein.